EU Richtlinie zum Urheberrecht überlebt die Trilogverhandlungen
Der erfolgreiche Abschluss des Trilogs der Richtlinie ist eine gute Nachricht für die Kultur und die Kreativen in Europa. Das aktuelle Urheberrecht stammt aus dem Jahr 2001 und ist in vielen Punkten überholt. 2001 gab es keine digitalen Plattformen, die heute einen erheblichen Teil der Wertschöpfung mit kulturellen Werken erzielen. Im Jahr 2017 belief sich der Profit dieser Plattformen allein in Europa auf 25 Mrd € (Erhebung: Roland Berger Consulting).
Die neue Richtlinie besagt u. a., dass das Bereitstellen von kulturellen Werken auf Plattformen eine Veröffentlichung darstellt. Daher sind Lizenzierungen an die Schöpfer dieser Werke vorzunehmen. Die Plattformen müssen also einen geringen Anteil ihres immensen Profits an die Kreativen abführen. Dafür bekommen die Verbraucher/User und die Uploader der Werke endlich die Rechtssicherheit, die sie im Moment nicht haben. Der hochladende Verbraucher steht zur Zeit rechtlich auf dünnem Eis. Er könnte jederzeit von den Schöpfern der hochgeladenen Werke juristisch zur Rechenschaft gezogen werden. Die Plattformen sind laut einem Urteil aus dem Jahr 2015 verpflichtet die Daten der Uploader heraus zu geben. Dies will die Richtlinie ändern.
Zahlen für das Konsumieren der Inhalte auf YouTube, Facebook, Soundcloud etc. müssen die Verbraucher aber in Zukunft nicht. Das Angebot bleibt umsonst, da die Plattformen durch die Lizenzierung die Verantwortung übernehmen. Ob YouTube sich entscheidet den geringen Beitrag, den es in Zukunft an die Kreativen zahlen soll, als schlecht für das Geschäft anzusehen, und ihn auf die Verbraucher abwälzt, bleibt abzuwarten. Eine Pflicht dazu sieht die Richtlinie nicht vor. Ein kostenpflichtiges YouTube würde europäische StartUps freuen, die in die entstehende Umsonst-Lücke vorstossen und eigene Plattformen aufbauen könnten. Diese wären laut EU Richtlinie bis zu drei Jahre lang, bis zu einem Umsatz von 10 Mio € und bis zu 5 Mio Usern von der Pflicht zur Lizenzierung ausgenommen.
Die Verhandlungen zur Richtlinie wurden begleitet von massiven Versuchen der Einflussnahme auf Politiker, Medien und Öffentlichkeit in Europa seitens der meist amerikanischen Plattformen und einer in dieser Form noch nicht da gewesenen Desinformationskampagne. So wurden die Parlamentarier des EU Parlaments mit 30 -60.000 Mails von angeblich besorgten europäischen Bürgern überschüttet. Es konnte nachgewiesen werden, dass diese Mails nicht aus Europa, sondern aus USA kamen und von Bots, also automatisch, geschrieben worden waren. Ein Angriff der Silicon Valley Ökonomie nicht nur auf die Kultur, sondern auf die Demokratie in Europa.
Auch der Kampfbegriff „Upload Filter“ wurde von einem Think Tank in Vancouver entwickelt und erfolgreich in die europäische Debatte platziert. In der EU Richtlinie sind aber keine „Upload Filter“ vorgesehen. Das Ziel ist die Lizenzierung, und wo das nicht möglich ist, die Zahlung von Pauschallizenzen an die Kreativen. Es wäre auch naiv anzunehmen, dass YouTube und co. nicht jetzt schon wissen, was auf ihren Plattformen geschieht, also Filter- bzw. Monitoringsysteme jetzt schon einsetzen. Das Filtersystem von YouTube heisst zum Beispiel „Content ID“.
Dass es den Plattformen gelungen ist in der Öffentlichkeit die Angst vor dem „Ende der Freiheit im Internet“ oder vor einer „Zensurmaschine“ zu platzieren, zeigt die Macht, die Google/YouTube und Facebook mittlerweile über die öffentlichen Debatten haben.
Die EU Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt ist mit dem Abschluss des Trilogs (zwischen EU Rat, Kommission und Parlament) noch nicht beschlossen. Als Nächstes muss der EU Rechtsausschuss JURI und der europäische Rat (Die Länder der EU) dem nun ausgehandelten Kompromiss zustimmen. Ende März oder Anfang April 2019 wird über die Richtlinie dann zum Schluss im europäischen Parlament abgestimmt. Wir dürfen gespannt sein mit welchen Horrorszenarien die Plattformen und die Netzwelt bis dahin aufwarten wird um doch noch die Lizenzierung kultureller Werke und die EU Richtlinie mit einem modernen Urheberrecht zu verhindern.