Umsetzung der DSM Richtlinie

Aktuelle Entwicklungen zur Umsetzung der EU Richtlinie zum Urheberrecht

Neue Transparenzvorschriften für Verwerter, Verlage und Produzenten
 

Mit dem Stichtag 07. Juni 2023 endet heute die Übergangsfrist, die der Gesetzgeber den Vertragspartnern der Urheber:innen und Künstler:innen in Deutschland sowie in bestimmten Fällen auch den Lizenznehmern entlang der Verwertungskette für die Erfüllung neuer Auskunftspflichten im Urhebergesetz eingeräumt hatte.

Der Gesetzgeber hat 2021 die EU-Urheberrechtsrichtlinie von 2019 in deutsches Recht implementiert, und dabei die Transparenzvorschriften für Verwerter, Verlage und Produzenten verschärft. Urheber:innen und Künstler:innen dürfen Auskünfte über die Verwertung ihrer Werke in Deutschland nicht mehr nur erfragen, Vertragspartner müssen solche Auskünfte regelmäßig ohne Aufforderung erteilen.
 

Auskunft und Rechenschaft des Vertragspartners sind Pflicht in Deutschland
 

Dennoch ist festzustellen: Transparenz für Urheber:innen – seit 2019/2021 weiterhin mehr ein frommer Wunsch denn Vertragspraxis. Auskünfte, die Urheber:innen und Künstler:innen gemäß der neuen Auskunftspflichten individuell und außerhalb bestehender GVR proaktiv erteilt wurden: bisher wenig bekannt.

Ein Grund dafür ist die Übergangsfrist, die der Gesetzgeber den Verwertern eingeräumt hatte. Mit dem heutigen Stichtag läuft das Jahr ab, innerhalb dessen seit Juni 2022 hätte berichtet werden müssen – und die ausgebliebenen Auskünfte können ab jetzt von Urheber:innen und Künstler:innen bei den Vertragspartnern ebenso wie zukünftige Säumnisse in der Auskunftserteilung angemahnt werden.


Spätestens ab heute gilt für Urheber:innen und Künstler:innen:
„Wir freuen uns auf Post unserer Vertragspartner!“
 

Die Initiative Urheberrecht wird die Entwicklung der Transparenz genau beobachten. In den einzelnen Branchen werden zur Zeit Umfragen erstellt und erste Handlungsoptionen diskutiert.

 

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Stellungnahme der DEFKOM zum Referentenentwurf des BMJV zur deutschen Umsetzung der DSM Richtlinie
 

An das
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Referat III B3
Mohrenstraße 37
10117 Berlin


Berlin, 06.11.2020

 

Sehr geehrte Frau Ministerin Lambrecht, sehr geehrter Herr Schmid,

vielen Dank für die Möglichkeit zum Referentenentwurf des BMJV vom 13.10.2020 Stellung zu nehmen. Wir, die DEFKOM - Deutsche Filmkomponistenunion, sind der Berufsverband der Filmkomponistinnen und Komponisten in Deutschland.

Als solcher sind für uns vor allem die Regelungen im Urhebervertragsrecht interessant, denn sie regeln das Verhältnis zu unseren Auftraggebern, den Filmproduzent*innen und Sendern und entlang der Verwertungskette der von uns geschaffenen Werke. Zugleich sind wir aber auch Urheber*innen bzw. Musikautor*innen und damit Schöpfer vorher nicht existierender Werke, die durch das Urheberrecht geschützt sind, das jetzt neu in den europäischen Zusammenhang gestellt wird.

Wir haben das Votum des Europäischen Parlaments zur EU Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt im vergangenen Jahr sehr begrüßt und stimmen in großen Teilen der nun im Referentenentwurf vorgelegten Umsetzung in deutsches Recht zu. Sowohl die EU Richtlinie, als auch die meisten Regelungen in der von Ihnen nun vorgeschlagenen Umsetzung sind geeignet die Position der Urheber*innen in Deutschland und Europa zu stärken und eine lebendige Kultur zu erhalten.

Ausdrücklich danken möchten wir außerdem dem BMJV für die Protokollerklärung vom 13. 2. 2019, die Folgendes formuliert: „Im Mittelpunkt unserer Bemühungen stehen die Künstlerinnen und Künstler“. In diesem Sinne sehen wir im nun vorgelegten Referentenentwurf allerdings noch einige Punkte, die ohne eine für uns ersichtliche zwingende Notwendigkeit die Rechte der Urheber*innen und der ausübenden Künstler*innen verschlechtern.

Wir äußern uns als DEFKOM nicht zu allen Punkten des Entwurfes und verweisen, die von uns hier nicht angesprochenen Regelungen betreffend, auf die umfassende Stellungnahme der Initiative Urheberrecht, deren Mitglied wir sind.

 

Zunächst möchten wir zu den vorgeschlagenen Regelungen in Artikel 3 Urheberrechts- Diensteanbieter-Gesetz - UrhDaG Stellung nehmen:

Als Autor*innen, deren Werke seit vielen Jahren eine intensive, aber nicht bezahlte Auswertung über digitale Plattformen erfahren, begrüßen wir die in der DSM Richtlinie endlich festgestellte Verantwortung der Plattformen und auch die sich daraus ergebende Rechtssicherheit für die Uploader und User.

Allerdings müssen wir zu §6 UrhDaG - Maschinell überprüfbare gesetzlich erlaubte Nutzungen (der sog. „Bagatellklausel“) unser Unverständnis ausdrücken.

Zunächst sind die dort im Entwurf vorgeschlagenen Grenzwerte (20s, 1000 Zeichen, 256 Kb) nach unserer praktischen Erfahrung deutlich zu lang bzw. zu groß. Dann stößt aber auch der grundsätzliche Sinn einer solchen Regelung bei uns auf Unverständnis.

20s Musik oder Film umfassen fast jeden Werbespot, 1000 Zeichen machen jeden Songtext auf digitalen Plattformen „vogelfrei“ und die 256 Kb bei Bildern entsprechen der sowieso auf Plattformen üblichen Auflösung.

Diese Ausnahmen sind nicht nur destruktiv für manche unserer Kolleg*innen, wie zum Beispiel für die Werbekomponist*innen und Songtexter*innen, deren Erlösmodell hier in der Praxis, was digitale Plattformen angeht, praktisch unmöglich gemacht wird, sie sind auch schlicht nicht nötig.

Wir weisen darauf hin, dass es in der EU Richtlinie keinen entsprechenden Passus gibt, der eine solche „Bagatell“-Ausnahme vorsieht. Außerdem wird hier ohne Not ein zusätzliches Konfliktszenario zwischen Plattformen und Kreativen eingezogen. Des Weiteren vermuten wir hier in der Umsetzung einen unnötigen, Daten erhebenden Differenzierungs- und Verwaltungsaufwand bei der Ermittlung der entsprechenden Uploads (Filterung)

Wir fragen uns nach dem grundsätzlichen Sinn solcher Bagatellschranken, auch wenn wir wissen, dass in §7 (2) den Urheber*innen dafür eine pauschale angemessene Vergütung zu zahlen ist.

Wir weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass solche pauschalen Vergütungen Natur gemäß immer den „Long Tail“, also oft kulturell hochwertige, aber weniger verbreitete Werke benachteiligen und den Mainstream weiter fördern. Außerdem sollte bekannt sein, dass bei Verwertungsgesellschaften, wie GEMA / ICE seit Jahren eine leistungsfähige IT betrieben wird, die diese Nutzungen eindeutig und fair den Werken zuordnen kann.

 

Ausdrücklich begrüßen möchten wir dagegen den eben erwähnten §7 UrhDaG - Direktvergütungsanspruch. Hier bestätigt der Referentenentwurf in der Umsetzung der DSM Richtlinie sinnvoll die Rechte (Autoren- und Leistungsschutzrechte) der Kreativen. Damit wird auch das seit März 2017 gültige deutsche Urhebervertragsrecht nochmal gestärkt und kann nun endlich durch Verhandlungen auf Augenhöhe in die Praxis umgesetzt werden.

Wie Sie wissen betrifft es gerade die Filmkomponist*innen, dass die von ihnen geschaffenen Filmwerke besonders von den öffentlich-rechtlichen Anstalten in großem Umfang auf die digitalen Plattformen hochgeladen werden, meist um sich den Anschein eines jüngeren Image zu geben, ohne angemessene Beteiligung der an den Filmwerken beteiligten Rechteinhaber*innen, wie es eigentlich im deutschen Urhebervertragsrecht vorgesehen ist.

Mit der Installation dieses Anspruches können wir endlich Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregeln mit unseren Auftraggebern aufnehmen.

An dieser Stelle würden wir gerne anregen, dass dieser Direktvergütungsanspruch auf weitere Online und Streaming Bereiche, wie VOD (Video on Demand) und Mediatheken ausgeweitet wird. Hier schließen wir uns den Forderungen der GVL und des DOVs an, deren Aufruf wir auch mit unserem Verband unterzeichnet haben.

 

Regelungen zum Urhebervertragsrecht - UrhrG §32 - §36

Dies ist der Bereich, der uns Filmkomponist*innen in unseren Vertragsverhältnissen und damit in der fairen Vergütung am Meisten betrifft. Es ist auch der Bereich, in dem wir uns von der Umsetzung in deutsches Recht die in der DSM Richtlinie geforderte Transparenz und in Zukunft faire Verhandlungen auf Augenhöhe erhoffen. Trotz der Installation des deutschen Urhebervertragsrecht im März 2017 ist dies in unserer Berufspraxis noch nicht annähernd der Fall.

Die DSM Richtlinie hat in Artikel 18 ff im Wesentlichen die deutsche Gesetzgebung zum Urhebervertragsrecht vom März 2017 übernommen und in einigen Punkten (Auskunfts- und Rückrufrecht) sinnvoll ergänzt.

Mit großer Sorge sehen wir nun, dass die deutsche Umsetzung in mehreren Punkten wieder hinter diese, auch im Sinne der Protokollerklärung des BMJVs vom 13. 2. 2019, Urheber*innen und Künstler*innen freundlichen Regelungen zurückgeht. Sie reduziert sogar teilweise unsere Rechte aus dem gültigen deutschen Urhebervertragsrecht.

Uns ist natürlich klar, dass unsere Auftraggeber heftig gegen ein für unsere Arbeit angemessenes Urhebervertragsrecht bei Ihnen, dem BMJV, argumentieren. Wir möchten Sie aber bitten der Aussage Ihrer Protokollerklärung gerecht zu werden und weiter für ein vielfältiges Kulturleben in Deutschland zu sorgen. Nur mit einer Umsetzung der Regelungen, die den Urheber*innen und Künstler*innen angemessene Vergütungen, Auskünfte und Transparenz garantieren, werden die längst fälligen Verhandlungen entlang des Urhebervertragsrechts mit unseren Verwertern auf Augenhöhe aufzunehmen sein. Wie sie wissen, ist dieses Gesetz zwar seit 2017 in Kraft, aber noch nicht annähernd in die Praxis umgesetzt worden.

Zu den Punkten im Einzelnen:

§32a Abs 2

Hier wird zu unserem großen Bedauern der Kreis der Haftungsschuldner reduziert. Dies war im Diskussionsentwurf noch anders und, wie wir meinen, fairer dargestellt.

§32d und e - Auskunft und Rechenschaft Dritter in der Lizenzkette

Uns ist bekannt, dass unsere Vertrags- und Verhandlungspartner, die Produzenten und die Sender, in Bezug auf die Auskunftsverpflichtung des Deutschen Urhebervertragsrechts und nun auch der DSM Richtlinie immer wieder den angeblich nicht zumutbaren Aufwand ins Feld führen. Dies haben sie uns schon im Sommer 2017 bei ersten Verhandlungsversuchen gesagt, und um „zwei bis drei Jahre Aufschub und Geduld“ gebeten, bis man eine entsprechende digitale Infrastruktur aufgebaut habe.

Gleichzeitig haben ihre Verhandlungsführer mit irreführenden und unsinnigen Forderungen und Behauptungen die Verhandlungen damals bewusst torpediert und unmöglich gemacht. Die Absicht war klar: Man wollte die DSM Richtlinie abwarten und hoffte, dass Europa hinter den Vorgaben des deutschen Urhebervertragsrechts zurückbleiben würde. Die DSM Richtlinie hat diese Hoffnung nun nicht erfüllt, im Gegenteil, sie hat die Rechte der Urheber*innen und Künstler*innen in diesem Bereich bestätigt und in einigen Punkten sogar noch erweitert.

Nun starten unsere Vertragspartner scheinbar das Spiel aufs Neue. Die zwei bis drei Jahre Aufschub sind nun aber vorbei, die Regelungen wurden Europa weit bestätigt und wir wissen, dass die entsprechende Infrastruktur für eine transparente Auskunft der Nutzung unserer Werke eingerichtet wurde und funktioniert. Dies sehen wir in der täglichen Praxis am Umfang und der Präzision der Daten, die zum Beispiel der GEMA über Nutzungen unserer Musik vorgelegt werden. Die Datenbögen zu den einzelnen Werken sind uns bekannt. Sie sind äußerst umfangreich und enthalten zu jedem Werk und zu jeder Nutzung fast 100 verschiedene Angaben. Es geht also! Und die Infrastruktur ist vorhanden!

Wir verstehen daher nicht, dass unser Anspruch nach §32a Abs. 2 im Vergleich zum Diskussionsentwurf nochmal abgeschwächt wurde. Wir erinnern uns, dass in diesem Entwurf wir Urheber*innen ein Auskunftsrecht sowohl gegenüber dem ursprünglichen Vertragspartner, als auch gegenüber den das Werk auswertenden „Dritten“ hatten. Wir bitten Sie daher diese Möglichkeit wieder zu implementieren.

Auch die Regelung, dass Ansprüche gegen Lizenznehmer des Vertragspartners nur geltend gemacht werden können, soweit der Vertragspartner der Urheber*in seiner Auskunftspflicht nach

§ 32d nicht binnen drei Monaten ab Fälligkeit nachgekommen ist, ist kontraproduktiv und unnötig. Im Umkehrschluss kann dies bedeuten, dass Auskünfte entlang der Lizenzkette nicht mehr möglich sind, wenn der Vertragspartner, in unserem Fall meist der Filmproduzent, innerhalb dieser Frist lediglich über seine eigene wirtschaftliche Auswertung Auskunft erteilt. Dies ist nicht im Sinne der DSM Richtlinie einer jährlichen Auskunft entlang der „Chain of Rights“.

Dagegen begrüßt die DEFKOM ausdrücklich die nun festgestellte kollektive Verhandlungsmöglichkeit in § 32d Abs. 3 und den eingeräumten Unterlassungsanspruch nach § 36d.

Die Stärkung der Berufsverbände ist allerdings unserer Meinung insgesamt noch verbesserungswürdig. Um die Identität von Urheber*innen und Künstler*innen in Konflikten mit den Verwertern so lange, wie möglich zu schützen, bedarf es weiterer Mechanismen wie Verbandsklagerecht und kollektiver Abmahninstrumente. Ohne sie sind dem jetzt schon zur Genüge in der täglichen Praxis angewandten Blacklisting von Urheber*innen und Künstler*innen weiter Tür und Tor geöffnet. Die Bestimmungen der DSM Richtlinie nach Artikel 18 Abs. 2 lassen dies durchaus zu bzw. regen es an.

Wir schlagen vor, das im § 32f vorgeschlagene Mediationsverfahren so zu gestalten, dass Verbände es wahrnehmen können ohne einzelne Urheber*innen dem Blacklisting auszusetzen. Dies wird auch ausdrücklich in der DSM Richtlinie im Erwägungsgrund 78 gefordert und könnte auf diese Weise in der Mediation installiert werden.

Zu den weiteren Bestimmungen des Referentenentwurfes, die wir hier nicht kommentiert haben, verweisen wir, wie gesagt, auf die Stellungnahme der Initiative Urheberrecht und, was unsere Musikautorenschaft und unsere Autorenrechte angeht, auf die Stellungnahmen der GEMA und des Deutschen Komponistenverbandes. Beiden Stellungnahmen möchten wir uns ausdrücklich in den von uns nicht angesprochenen Punkten anschließen.

 

Herzliche Grüße,
Ihre DEFKOM - Deutsche Filmkomponistenunion

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Ulrich Kodjo Wendt
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